Hansa-Haus Krefeld
Krefeld: Hansa-Haus Orte der Polizeigeschichte
Daten und Fakten
Das Hansa-Haus wurde 1914 bis 1916 auf einem städtischen Grundstück gegenüber dem Krefelder Hauptbahnhof als Sitz der Getreidebörse errichtet. Als Vorbild dienten repräsentative Handelshäuser in anderen deutschen Großstädten.
Quelle: Claudia Mihrmeister: Hansahaus Krefeld – die Lebensgeschichte eines Gebäudes, in: die Heimat 78/2007, S. 36-42.
Weitere Informationen
Die politische Polizei in Krefeld bildete ab dem 1. Juli 1927 die Abteilung I A des Polizeipräsidiums und war anfangs im Hansa-Haus untergebracht. Im Zusammenhang mit der Wiedereingliederung der Krefelder Polizei in die Stadtverwaltung wurde im Juni 1934 die politische Polizei zunächst ausgespart und zu einer Außendienststelle der Staatspolizeistelle Düsseldorf reorganisiert. Nachdem die Aufgaben der politischen Polizei im Dezember 1934 wieder an die städtische Polizeiverwaltung übertragen worden waren, wurde die politische Abteilung im August 1937 erneut – und nunmehr endgültig – verstaatlicht und der Leitstelle in Düsseldorf untergeordnet. In diesem Zusammenhang wurde der räumliche Zuständigkeitsbereich der Krefelder Gestapo über das Stadtgebiet hinaus auf Teile der Landkreise Kempen-Krefeld und Moers erweitert. Der Sitz der Gestapo wurde in ein separates Gebäude in der Goethestraße 108 verlegt; drei Jahre später bezog sie die Räumlichkeiten in der repräsentativen Villa des emigrierten jüdischen Ehepaars Oppenheimer an der Uerdinger Straße 62.
Die Krefelder Gestapo war in der Anfangszeit (1933 bis 1936) hauptsächlich für die Ausschaltung der politischen Opposition, vor allem der KPD und der SPD, zuständig, später auch für die Verfolgung der sogenannten „weltanschaulichen Gegner“, insbesondere der Bibelforscher und der Katholiken (1935 bis 1939). Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erweiterte sich der Aufgabenbereich der Gestapo auf die Verfolgung von politischen Äußerungsdelikten, sogenannten „Rundfunkvergehen“ und Verstößen gegen die nationalsozialistische „Rassenhygiene“. Gerade der Umgang von sogenannten Fremdarbeitern mit deutschen Frauen wurde drakonisch bestraft: Durch öffentliche Hinrichtungen, die im Beisein anderer Gefangener stattfanden, sollte ein Exempel statuiert werden.
Auch die Deportationen von Krefelder Jüdinnen und Juden in die Ghettos im besetzten Osteuropa wurden von der Gestapo-Außendienststelle Krefeld organisiert, die ein eigenes „Judenreferat“ unterhielt. Leiter dieses Referats war ab 1937 der Kriminalsekretär Richard Schulenburg, der 1907 in die Krefelder Polizei eingetreten war und dessen weiterer Werdegang ihn erst zur Kriminalpolizei und schließlich zur politischen Abteilung geführt hatte. Für den Dienst in der Gestapo war Richard Schulenburg geradezu prädestiniert: Bereits 1927 war er der NSDAP beigetreten und diese Mitgliedschaft auch während seiner Dienstzeit bei der politischen Abteilung beibehalten. Für seine Verdienste wurde Schulenburg mit dem goldenen Parteiabzeichen, dem goldenen Kreuz mit Eichenlaub und dem Kriegsverdienstkreuz zweiter Klasse mit Schwertern ausgezeichnet. 1941 wurde er zum Kriminalobersekretär befördert.
Nach Kriegsende bemühte sich Schulenburg um seine Rehabilitierung: Als Gestapo-Beamter habe er sich „keines Vergehens schuldig gemacht“, sondern jeden „ohne Rücksicht auf politische Einstellung oder rassische Zugehörigkeit anständig und menschlich behandelt“. Er habe zwar „Judensachen zu bearbeiten gehabt“, habe jedoch nur Befehle aus Berlin und Düsseldorf ausgeführt und nicht gewusst, „was mit den evakuierten Juden passiere“. Im Rahmen des Entnazifizierungsverfahrens wurde Schulenburg 1948 als „Minderbelastet“ (Kategorie III) eingestuft, bevor diese Einordnung vom Berufungsausschuss 1950 in „Mitläufer“ (Kategorie IV) umgewandelt wurde. Die vollständige Entlastung blieb ihm zwar angesichts der langjährigen Parteilaufbahn versagt. Mit seinem in den folgenden Jahren hartnäckig verfolgten Anliegen, für seine langjährige Polizeilaufbahn – einschließlich der Dienstzeit bei der Gestapo – eine angemessene Pension zu beziehen, hatte Richard Schulenburg jedoch schließlich Erfolg. 1965 wurde Richard Schulenburg im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen Angehörige der Gestapo Düsseldorf wegen der Organisation von Deportationen vernommen. Zu einer Anklage gegen ihn kam es jedoch nicht.
Quelle: Ingrid Schupetta: Die Geheime Staatspolizei in Krefeld – von Polizisten und Schreibtischtätern, in: die Heimat 76/2005, S. 115-127.
Am 1. Juli 1927 trat der Zentrumspolitiker Wilhelm Elfes – damals eine führende Figur der katholischen Arbeiterbewegung im Rheinland – sein Amt als neuer Polizeipräsident von Krefeld an. Als überzeugter Demokrat kündigte er in seiner Antrittsrede an, gegen jeden einzuschreiten, der die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedrohe oder sich „gewalttätig“ gegen die republikanische Verfassung erhebe. Aufgrund seines konsequenten Vorgehens gegen die auch in Krefeld nach und nach erstarkende NSDAP wurde Elfes von Nationalsozialisten bereits 1932 öffentlich als „untragbar“ eingestuft. Dennoch wurde ihm nach der Machtergreifung zunächst angeboten, Polizeipräsident zu bleiben, wenn er der NSDAP beiträte. Wilhelm Elfes lehnte ab und wurde am 25. März 1933 in den einstweiligen Ruhestand versetzt und später aus dem Staatsdienst entlassen.
In der Zeit der NS-Diktatur unterhielt Wilhelm Elfes, der als Zigarrenhändler in Krefeld arbeitete, Kontakte zum katholischen Widerstand im Rheinland und zum „Goerdeler-Kreis“, der seinerseits mit den Widerstandskämpfern in Militärkreisen in Verbindung stand. Ende 1942 wurde er über die Attentatspläne gegen Hitler informiert. Nach dem gescheiterten Attentat am 20. Juli 1944 wurde Elfes am 23. August 1944 als potenzieller Mitwisser festgenommen und in die Strafanstalt Anrath verbracht, kam jedoch bereits im September dank den Bemühungen seiner früheren Mitarbeiter frei. Nachdem am 7. Oktober 1944 ein erneuter Haftbefehl erlassen worden war, wurde Elfes von einem Polizeibeamten rechtzeitig gewarnt und konnte bis zum Kriegsende auf einem Bauernhof in St. Tönnis untertauchen.
Quelle: Rainer Furth: Wilhelm Elfes: Krefelder Polizeipräsident und Widerständler, in: die Heimat 80/2009, S. 26-28.
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