Der Wasserturm in Essen -Steele diente im November 1918 als Rückzugsort für Polizeibeamte und Freiwillige während eines Angriffs linker Extremisten.
Mit dem Niedergang des Kaiser-Regimes und der Ausrufung der Republik im Jahr 1918 kommt es in ganz Deutschland zu teils blutigen Kämpfen um die politische Vormachtstellung. Nachdem in Berlin am 9. November 1918 MSPD-Politiker Philipp Scheidemann und der Spartakist und spätere Mitbegründer der KPD, Karl Liebknecht, unabhängig voneinander die Republik ausrufen und der Sozialdemokrat Friedrich Ebert zum Reichskanzler ernannt wird, kommt es vom äußerst rechten und linken Rand der politischen Lager schnell zu Angriffen auf die junge Republik. 1920 revoltieren rechtsgerichtete Politiker, der Landschaftsdirektor Wolfgang Kapp, General von Lüttwitz und ihre Anhänger, gegen die Regierung, besetzen das Berliner Regierungsviertel und ernennen Kapp zum Reichskanzler.
Dieser nur wenige Tage andauernde Putsch strahlt auch auf Essen und das übrige Ruhrgebiet ab. Es kommt zu Kämpfen, bei denen die sogenannte Rote Ruhrarmee Essen besetzt und die Wirren des politischen Konfliktes nutzt, um selbst die Macht zu erobern. Die Stadt wurde zu dieser Zeit von der Essener Sicherheitspolizei (SiPo), etwa 150 bis 180 Mann der Gelsenkirchener SiPo, einer rund 4.000 Mann starken Einwohnerwehr, die sich aus Bürgern des Essener Mittelstandes zusammensetzte, sowie der so genannten „Heine’schen Sicherheitswehr" mit etwa 600 Mann verteidigt. Dabei wurde die Steeler Straße von einer Gruppe von Polizeibeamten und ein paar Freiwilligen überwacht.
Diese Wachmannschaft musste sich bei einem Angriff linker Extremisten schließlich in den Wasserturm an der Steeler Straße, Ecke Kurfürstenstraße, zurückziehen. Seitens der angreifenden Spartakisten wurde der Mannschaft für den Fall, dass sie den Wasserturm freiwillig verlässt, freies Geleit zugesichert. Die Polizeibeamten, die ein Blutvergießen vermeiden wollten, ließen sich schließlich auf dieses Angebot ein. In alten Unterlagen heißt es dazu: "Als sie den festen Turm, in dem sie sich verschanzt hatten, verließen, stürzten sich die „Roten“ mit Gewehrkolben und Knüppeln auf sie. Alle 38 Mann wurden niedergemacht.“
Diese Angabe von 38 getöteten Polizeibeamten und Freiwilligen am Wasserturm entspricht nationalsozialistischer Geschichtsschreibung. Aus amtlichen Unterlagen ergab sich später, dass die Zahl der Getöteten am Wasserturm wohl tatsächlich geringer gewesen und im Sinne eines nationalsozialistischen Heldenmythos der Polizei erhöht worden war. Tatsächlich kamen in ganz Essen 40 Angehörige der Polizei und der Einwohnerwehr bei dem Aufstand ums Leben, elf davon am Wasserturm.
Der heutige Zustand des Gebäudes entspricht nur noch im Kern dem ursprünglichen Bauzustand und nicht mehr dem der 1920er/30er Jahre. Neben dem heute noch als Bauwerk existenten Wasserturm steht eine alte Gedenktafel, die mit dem Satz „In Erfüllung ihrer Pflicht getreu bis in den Tod fielen in den Märztagen 1920… (…)“ beginnt und sich mit der Nennung von 40 Namen Gefallener fortsetzt: 20 Männer der Einwohnerwehr, 18 Beamte der Staatlichen Sicherheitspolizei, ein Wachtmeister der Staatlichen Schutzmannschaft und ein Angehöriger der Essener Sicherheitswehr.
Fotos
Historische Ansicht (1910)
Parade der Essener Hundertschaften (1934)
Parade der Essener Hundertschaft (1934)
Parade der Essener Hundertschaft (1934)
Parade der Essener Hundertschaft (1934)
Gedenktafel am Wasserturm
Aktuelle Außenansicht
Aktuelle Außenansicht
Historische Ansicht
Wasserturm Essen-Steele
Historische Ansicht des Steeler Wasserturms aus dem Jahr 1910.
Parade der Essener Hundertschaften
Wasserturm Essen-Steele
Parade der Essener Hundertschaften am Steeler Wasserturm im Jahr 1934. Auf den oberen Stufen der Freitreppe (v.l.): Essener Gauleiter Terboven, Generalleutnant von Watter, Ministerpräsident General Göring, Essener Polizeipräsident Zech, General Daluege, Kommandeur der Schutzpolizei Oberst Unger, Mann mit Tschako nicht zugeordnet, General Stieber von Heidekamp.
Wir verwenden auf unserer Website verschiedene Arten von Cookies:
Zum einen benötigen wir zwingend technische und funktionale Cookies, um unsere Seite nutzbar und nutzerfreundlicher zu machen. Zum anderen setzen wir Statistik-Cookies für anonyme Statistikzwecke ein. Hierbei wird nur ein kleiner Teil Ihrer IP-Adresse gespeichert. Da wir mit Matomo ein eigenes Webanalytik-Tool verwenden, verbleiben alle Daten auf unserem Server und es erfolgt keine Übertragung an Externe.
Sie können jederzeit (auch später noch) festlegen, welche Cookies Sie zulassen möchten oder nicht und Ihre Einstellungen entsprechend anpassen.