Polizeipräsidium und Polizeihistorische Sammlung Hamm
Hamm: Polizeipräsidium und Polizeihistorische Sammlung Orte der Polizeigeschichte
Daten und Fakten
Nach dem 1. Weltkrieg war die Hammer Polizeiverwaltung in einem alten Fachwerkgebäude, der früheren Möbelfabrik Landmann im Kreuzungsbereich Südstraße / Königstraße in Räumen untergebracht, die in einfacher Weise durch leichte Ziegelstein- und Pappwände zu Büroräumen umgebaut waren.
Weitere Informationen
Die Polizei der Weimarer Republik sollte eine Volkspolizei sein. Ihre Organisation, ihr Ausbau und ihre Ausbildung wurden unter folgende Devise gestellt: Freund, Helfer und Kamerad der Bevölkerung. Eine antikommunistische Einstellung der Polizei blieb in der Weimarer Republik erhalten. Bei der Durchsetzung staatlicher Sicherheit und Ordnung konnte ein unterschwellig vorhandener Hang zu einem gewaltsamen Handeln nicht dauerhaft gebrochen werden. Carl Severing versuchte die Polizei vor allem durch die Einstellung junger, kriegsunerfahrener Beamter sowie durch eine republiktreue Ausbildung zu reformieren.
Trotz dieser Versuche wurde die deutsche Polizei nach der „Machtergreifung“ am 30. Januar 1933 zu einer Stütze des nationalsozialistischen Gewaltregimes. Auch bezogen auf die Hammer Polizeibehörde ist diese Tatsache nachvollziehbar. Das NS-Regime konnte sich auch in Hamm bis zur Besetzung der Stadt durch amerikanische Truppen an den Ostertagen im April 1945 auf die Polizei stützen.
Während der NS-Zeit erlangte der Hammer Polizeibeamte Fritz Multermann als Leiter der Gestapo-Außendienststelle eine traurige Berühmtheit. Multermann, der sich 1914 freiwillig zum Militärdienst verpflichtet hatte, wechselte 1920 in den Polizeidienst. In Hamm war er erst bei der Schutzpolizei, später bei der Kriminalpolizei tätig. Im Laufe der Jahre wurde gegen den Oberwachtmeister Multermann wegen verschiedenen Fällen dienstlichen Fehlverhaltens, unter anderem wegen Tätlichkeiten, disziplinarrechtlich ermittelt, ohne dass es je zu spürbaren Sanktionen gekommen wäre. Die Ende 1926 verfügte Entlassung aus dem Polizeidienst wurde bereits im Sommer 1927 wieder rückgängig gemacht.
Innerhalb der Hammer Kriminalpolizei war Fritz Multermann bereits seit 1927 für politische Delikte zuständig. Im Februar 1933 wurde Multermann, der seit 1932 ein Mitglieder der NSDAP war, zum Leiter der neu gebildeten politischen Abteilung (Abt. I A) in der Polizeidirektion Hamm befördert, die drei Jahre später in eine Außendienststelle der Staatspolizeistelle Dortmund umgewandelt wurde. In dieser Funktion war er an der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung , der politischen Gegner des NS-Regimes sowie insbesondere der sog. Bibelforscher (Zeugen Jehovas) beteiligt.
1939 wechselte Fritz Multermann zur Gestapo Hannover und ein Jahr später zur Geheimen Feldpolizei, die für die Verfolgung politischer Gegner im Umfeld der Wehrmacht und für die Partisanenbekämpfung zuständig war. Multermann wurde 1941 zum Feldpolizeikommissar befördert und nahm an Einsätzen der GFP in Polen, Frankreich, der Ukraine und schließlich in Dänemark teil.
Nach dem zweiten Weltkrieg waren sowohl Multermanns Rolle als Gestapo-Chef in Hamm als auch seine mutmaßliche Verstrickung in Kriegsverbrechen als Offizier der GFP Gegenstand von Ermittlungen. Dabei versuchte Multermann sich als „korrekter Beamter“ zu inszenieren und wies auch den Vorwurf zurück, im Ausland an Erschießungen beteiligt gewesen sein. Vom Entnazifizierungshauptausschuss im Regierungsbezirk Hildesheim wurde Fritz Multermann 1950 als wesentlicher Förderer des Nationalsozialismus in die Kategorie III eingestuft; nachdem er gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt hatte, wurde das Verfahren schließlich 1952 eingestellt.
Allerdings leitete 1954 die Staatsanwaltschaft Dortmund ein Ermittlungsverfahren ein, da gegen Fritz Multermann der Vorwurf erhoben wurde, während seiner Zeit als Gestapo-Chef mehrere Inhaftierte misshandelt und Geständnisse erpresst zu haben. Das Landgericht Dortmund verurteilte Multermann, der sämtliche Vorwürfe bestritt, 1956 zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. In einem erneuten Verfahren wurde die Strafe 1958 auf eineinhalb Jahre reduziert.
Quelle: Maria Perrefort, Gestapo-Chef Fritz Multermann – „der Schrecken aller Menschen, die sich nicht der Diktatur beugten“, in: Der Märker, Jg. 62, 2013.
Ende der 1970er begann der Polizeibeamte Siegfried Paul Dokumente, Fotos und Objekte rund um die Polizei in Hamm zusammenzutragen. Die Sammlung des Polizeipräsidiums Hamm umfasst Dokumente und Objekte der Geschichte der Hammer Polizei seit den 1920er Jahren.
Polizeihauptkommissar a. D. Siegfried Paul beschreibt die Entstehung der Sammlung wie folgt:
„Bereits 1970 begann ich Polizeiabzeichen zu sammeln. Daraus wurde 1978 diese Polizeihistorische Sammlung. Zunächst war sie in meiner Privatwohnung untergebracht, konnte dann aber 1980 in das Polizeipräsidium Hamm umziehen. Aus räumlichen Gründen zog die Sammlung dann 2003 in das ehemalige Bergamt in Hamm, Goethestr. 6. Im Januar 2008 konnte die Sammlung dann wieder in das Polizeipräsidium Hamm, in das Gebäude Hohe Str. 80 ziehen.
Dass diese Sammlung heute weit über die Grenzen der Stadt Hamm hinaus bekannt ist, verdankt sie auch der Unterstützung des Polizeipräsidenten Herrn Hans-Eduard Kießler, der Polizeipräsidentin Frau Helga Fahlberg und des Polizeipräsidenten Herrn Erich Sievert. Herzlichen Dank.
Die Sammlung umfasst unter anderem zur Zeit ca. 50 000 Fotos der Stadt- und Polizeigeschichte. Ausrüstungsgegenstände von 1921 bis heute. Uniformen und Amtliche Bekanntmachungen von 1921 bis heute und eine Unmenge von Einsatzunterlagen ab 1868, noch von der kommunalen Polizei, bis heute. 2003 wurde diese Sammlung vertraglich dem Polizeipräsidium übergeben, sie wird aber auch heute noch von mir betreut. Eine Besichtigung ist nach Terminabsprache für jedermann möglich.“
Quelle: https://www.polizeihistorischesammlung-paul.de/ (zuletzt aufgerufen am 13.12.2023)