Außenansicht des Hauptgebäudes der Bezirksregierung Aachen im Jahr 1960.

Regierungsgebäude Aachen

Aachen: Regierungsgebäude Orte der Polizeigeschichte

Daten und Fakten

Nahaufnahme einer Gedenktafel an der Fassade des Regierungsgebäudes in Aachen.
Gedenktafel (2024)

Das ehemalige Regierungsgebäude am Theaterplatz wurde 1831 als Sitz der Verwaltung des damaligen preußischen Regierungsbezirks Aachen nach Plänen des Architekten Johann Cremer fertiggestellt.

  • Die Staatspolizeistelle Aachen wurde 1933 gegründet und war ursprünglich im Polizeipräsidium (Kasernenstraße 25) untergebracht, bevor sie in das Regierungsgebäude am Theaterplatz umzog. Die Büros sowie Verhör- und Folterräume befanden sich im linken Seitenflügel (Ecke Borngasse). Die Staatspolizeistelle unterhielt Außendienststellen in Düren und (ab 1940) in Eupen und Malmedy,  sowie (ab 1937) die Grenzpolizeikommissariate in Heinsberg, Herzogenrath und Monschau. 1942 wurde sie zu einer Außendienststelle der Staatspolizeistelle Köln (EL-DE-Haus) reorganisiert. Im September 1944 wurde die Dienststelle angesichts des Vorrückens der Alliierten geschlossen.
     
  • Die Staatspolizeistelle Aachen war für die Überwachung und Verfolgung der vermeintlichen und tatsächlichen politischen Gegner des NS-Regimes im damaligen Regierungsbezirk Aachen zuständig.
     
  • Der Staatspolizeistelle unterstellt waren mehrere sogenannte Arbeitserzielungslager (AEL), in denen deutsche und ausländische Häftlinge unter verschärften Bedingungen festgehalten und für Zwecke der heimischen Industrie ausgebeutet wurden, nämlich in Eilendorf (1943), in Alsdorf (1944) und Hückelhoven (1944).
     
  • Die Aachener Gestapo war auch dafür verantwortlich, ausländische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen zu bestrafen, die gegen die Vorschriften – beispielsweise gegen das sogenannte Blutschutzgesetz – verstießen. Die Strafen wurden im Laufe der Jahre immer brutaler. Neben der Einweisung in Zwangslager drohte den Opfern im Extremfall die Todesstrafe, die in manchen Fällen auch öffentlich vollzogen wurde.
     
  • Im Herbst 1944 – unmittelbar vor dem Einmarsch alliierter Truppen – machten die aus dem Personal der Aachener Gestapo gebildeten vier Einsatzkommandos in Erkelenz, Schleiden, Jülich und Düren Jagd auf entflohene Zwangsarbeiter im Frontgebiet. An der Spitze des Kommandos I in Erkelenz stand der bisherige Aachener Außenstellenleiter, SS-Hauptsturmführer und Kriminalrat Richard Bach, der dem Höheren SS- und Polizeiführer West, SS-Obergruppenführer und General der Polizei Karl Gutenberger, unmittelbar unterstellt war. Die aufgegriffenen Häftlinge wurden in der Regel an Ort und Stelle erschossen.
     
  • Eine im Landesarchiv NRW aufbewahrte „Erschießungsliste“ des Sonderkommandos Bach dokumentiert allein für den Zeitraum vom 5. September 1944 bis zum 22. Dezember 1944 Morde an 79 Personen unterschiedlicher Nationalität.

Weitere Informationen

Mit der Staatspolizeistelle Aachen verbunden ist der Werdegang des NS-Juristen Karl Pütz. Der 1911 in Aachen geborene Pütz studierte Rechtswissenschaften in Freiburg und Köln und wurde 1934 zum Dr. jur. promoviert. Nach Ablegung der zweiten juristischen Staatsprüfung trat Gerichtsassessor Pütz – bereits damals ein Mitglied der NSDAP und der SS – 1937 seinen Dienst in der Staatspolizeistelle Aachen an, wo er Leiter der Abteilung II (Innenpolitische Polizei) wurde. 1938 wurde Pütz zum Regierungsassessor befördert und stieg zum Stellvertreter des damaligen Staatspolizeistellenleiters Heinrich Seetzen auf.

1941 wechselte Karl Pütz, inzwischen zum Regierungsrat und SS-Sturmbannführer befördert, zur Stapoleitstelle Düsseldorf. Am 15. Dezember 1941 wurde er von Heinrich Himmler zum Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD (KdS) von Wolynien und Podolien mit dem Dienstsitz in Rowno (heute: Riwne) ernannt. In dieser Funktion war Karl Pütz maßgeblich an nationalsozialistischen Massenverbrechen beteiligt und tat sich insbesondere als Organisator von Mordaktionen an Juden sowie Sinti und Roma hervor. Allein im Verlauf des Jahres 1942 war er für die Vernichtung von ca. 300 000 Juden verantwortlich. Im Anschluss übernahm er das Kommando der Sicherheitspolizei und des SD in Lublin (ab Oktober 1943) und in Posen (ab September 1944).

Während seiner Zeit als KdS in Lublin war Pütz maßgeblich an der Organisation und Durchführung des als „Aktion Erntefest“ bekannten Massenmords im Bezirk Lublin beteiligt, bei dem im Herbst 1943 ca. 43 000 jüdische Häftlinge der nationalsozialistischen Zwangslager erschossen wurden.  Zuletzt war der SS-Obersturmbannführer Karl Pütz Inspekteur und Befehlshaber Südwest der Sicherheitspolizei und des SD mit dem Sitz in Baden-Baden. In Anbetracht der bevorstehenden Niederlage Deutschlands beging er – wie bald darauf auch sein früherer Vorgesetzter Heinrich Seetzen – am 6. Mai 1945 Selbstmord.

An seinem Todesort, der Gemeinde St. Märgen im Schwarzwald, wurde die Grabstätte von Karl Pütz jahrzehntelang als Kriegsgrab geschützt, bevor sie schließlich 2015 aufgelöst wurde.    

Seit 1994 hatten sich einzelne Bürger, Parteien, Initiativen und andere Gruppen in verschiedenen Anträgen oder Anfragen an den Rat und die Verwaltung der Stadt gerichtet mit dem Wunsch, in Aachen verschiedene Gedenktafeln oder ein zentrales Mahnmal für die Opfer der NS-Diktatur aufstellen zu lassen.

Im Oktober 2001 wurde die erste Gedenktafel am Aachener Rathaus angebracht. Bis heute wurden 32 Tafeln an den vorgesehenen Orten angebracht, darunter auch am ehemaligen Regierungsgebäude am Theaterplatz.

Fotos

  • Außenansicht des Hauptgebäudes der Bezirksregierung Aachen im Jahr 1960.
    Außenansicht (1960)
  • Hauptfassade des Regierungsgebäudes an der Theaterstraße in Aachen im Jahr 2024 (Ansicht von Südosten).
    Hauptfassade (2024)
  • Hofdurchfahrt des Regierungsgebäudes in Aachen im Jahr 2024.
    Hofdurchfahrt (2024)
  • Gedenktafeln im Treppenhaus des Regierungsgebäudes in Aachen im Jahr 2024.
    Gedenkort (2024)
  • Hauptfassade des Regierungsgebäudes an der Theaterstraße in Aachen im Jahr 2024 (Ansicht von Nordwesten).
    Straßenansicht (2024)
  • Garagen im Hof des Aachener Regierungsgebäudes im Jahr 2024.
    Garagen (2024)
  • Foto aus der Personalakte von SS-Standartenführer Dr. Karl Pütz.
    SS-Standartenführer Dr. Karl Pütz
  • Hauptsansicht des preussischen Regierungsgebäudes. Farbige Lithographie aus dem Jahr 1827.
    Hauptansicht (1827)

Kontakt

Hochschularchiv der RWTH Aachen

Theaterplatz 14
52062 Aachen

Website